Fu Hao und Fu Jing, zwei Kriegerinnen in der chinesischen Bronzezeit

„Soll der König der Fu Hao befehlen, ihre Streitkräfte mit denen des Markgrafen Gao im Kampf gegen die Yifang zusammenschließen?“ (Chou 1970, 369). Diese und andere Inschriften finden sich auf Orakelknochen aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. in China.

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Foto: Elke Papelitzky

Orakelknochen – wichtige Schriftstücke der chinesischen Bronzezeit

Auf Orakelknochen – Rinderschulterknochen oder Bauchpanzer von Schildkröten – finden wir die ersten bekannten Belege von chinesischer Schrift. Bei einer Zeremonie bohrte ein Wahrsager kleine Löcher hinein und erhitzte die Knochen, wodurch sich Risse auf den Knochen bildeten, die er anschließend interpretierte. Zum Schluss wurde die entsprechende Frage (und in sehr seltenen Fällen auch die Antwort) in die Knochen geritzt.

Die ersten dieser Knochen wurden 1899 bei Anyang, in der zentralchinesischen Provinz Henan, zufällig gefunden. Dort befand sich während der späten Shang-Zeit die Hauptstadt der Shang, Yin. Der Großteil der in den folgenden Jahrzehnten ausgegrabenen Knochen stammt ebenfalls aus diesem Gebiet. Zusammen mit Inschriften auf Bronzegegenständen stellen die Knochen die einzige Schriftquelle dieser Zeit dar.

Diese Funde sind ein Glücksfall für uns, da wir nun einen Einblick in die Kultur der Shang-Zeit erhalten, auch wenn es quellenbedingt natürlich lediglich das Umfeld des Königshauses betrifft und die Knochen nur sehr kurze Texte aufweisen.

Schriftstücke zu Fu Hao

Nun aber zurück zu Fu Hao. Die Inschriften auf den Orakelknochen lassen darauf schließen, dass sie eine Gemahlin des Königs Wu Ding war, der im späten 13. und frühen 12. Jahrhundert v. Chr. regierte. Diese Inschriften erzählen von Fu Haos militärischen Aktionen, ihrer Rolle am Hof, wo sie mehrere Zeremonien durchführte, oder von den Geburten ihrer Kinder.

Eine dieser Inschriften zur Geburt von Fu Haos Tochter gibt auch Aufschluss darüber, dass trotz der angesehenen Stellung, die Fu Hao innehatte, männliche Nachfolger bevorzugt wurden: „[Fu Hao] brachte ein Kind zur Welt; es war nicht gut; es war ein Mädchen.“[1]

Fu Haos Grab

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Foto: Elke Papelitzky

Neben den schriftlichen Quellen ist uns auch Fu Haos Grab bekannt, das 1976 entdeckt wurde. Es liegt bei Anyang, in der Nähe des Palastes der Shang-Könige, aber abseits der Königsgräber und ist das einzige königliche Grab der Shang, das nie geplündert wurde. Durch seinen Reichtum an Funden liefert es uns wichtige Einblicke in die damalige Gesellschaft der Herrschaftselite, die Begräbniskultur der Shang und das Leben Fu Haos.

Das Grab war prunkvoll ausgestattet mit Gegenständen aus Bronze, Jade, Keramik, Edelsteinen, Knochen, Muscheln und Elfenbein und mehreren tausend Kaurischnecken. Ein Großteil der Bronzegegenstände sind rituelle Gefäße, was zur damaligen Zeit zur Standardgrabaustattung der Eliten gehörte. Es finden sich aber auch zahlreiche Waffen wie zum Beispiel Pfeilspitzen oder die Klingen von sogenannten ge (eine Mischung aus Dolch und Hellebarde). Diese Waffenfunde belegen zusammen mit den Inschriften die wichtige militärische Rolle Fu Haos.

Shang-zeitliche Elitengräber weisen normalerweise auch Menschenopfer auf. Fu Haos Grab ist hier keine Ausnahme. Sechzehn Menschen (und sechs Hunde) wurden zusammen mit ihr begraben. Im Vergleich zu den Königsgräbern ist diese Anzahl an Opfern aber eher gering: Das Grab, in dem möglicherweise Fu Haos Gemahl Wu Ding begraben wurde, zählt über 100 Menschenopfer.

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Foto: Elke Papelitzky

Fu Jing, eine weitere Gemahlin Wu Dings

Fu Hao war nicht die einzige Gemahlin Wu Dings, eine weitere ist als Fu Jing bekannt. Leider gibt es zu ihr deutlich weniger Informationen als zu Fu Hao, da sie nur auf wenigen Orakelknochen Erwähnung findet. Ebenso wie Fu Hao wird sie mit militärischen Aktionen in Verbindung gebracht: „Soll der König nicht Fu Jing befehlen, Longfang anzugreifen?,“ heißt es auf einem Knochen.[2]

Ihr Grab ist ebenfalls bekannt. Im Gegensatz zum Grab von Fu Hao befindet sich Fu Jings bei den Königsgräbern. Dies, ebenso wie die Tatsache, dass Fu Jings Grab deutlich größer ist als Fu Haos, lassen auf eine höhere Stellung von Fu Jing schließen. Aber selbst Fu Jings Grab reicht von den Ausmaßen nicht an die der Königsgräber heran.

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Foto: Elke Papelitzky

Leider wurde Fu Jings Grab fast vollständig ausgeraubt, so dass ein Vergleich der Grabbeigaben nur in sehr begrenzten Umfang gezogen werden kann: So stammt zum Beispiel aus diesem Grab das größte bekannte Bronzegefäß der Shang-Zeit, das eine Höhe von 1,3 m und ein Gewicht von 875 kg aufweist.

Interessant ist auch, dass in Fu Jings Grab mehr Pfeilspitzen gefunden wurden als in Fu Haos Grab. In dem geplünderten Grab von Fu Jing befanden sich 251 Pfeilspitzen, in Fu Haos Grab nur 29, obwohl es deutlich mehr Nachweise von Fu Haos militärischen Aktivitäten auf den Orakelknochen gibt.

Abschließendes

Fu Hao und Fu Jing sind zwei faszinierende Persönlichkeiten, die einen Einblick in die Rolle der Frau am Königshof im 13. Jahrhundert v. Chr. erlauben. Frauen scheinen damals nicht prinzipiell von militärischen Aktionen ausgeschlossen gewesen zu sein und vor allem Wu Dings Gemahlinnen wurden nach dem Tod mit zahlreichen Kostbarkeiten begraben. Ein Vergleich der beiden zeigt aber, dass selbst zwei Gemahlinnen desselben Königs eine sehr unterschiedliche soziale Stellung gehabt haben müssen.

Heute befindet sich an der Stelle der Gräber und des Palastes der Shang in Anyang ein sehr interessantes Museum. Die meisten Königsgräber wurden nach den Ausgrabungen zwar wieder zugeschüttet, die Umrisse der Gräber sind jedoch auf der Wiese erkennbar und lassen uns die unglaublichen Dimensionen dieser Gräber bestaunen. Die Gräber von Fu Hao und Fu Jing wurden hingegen überdacht und können besucht werden.

Elke Papelitzky

Anmerkungen

[1] Keightley, David N. „The Shang: China’s First Historical Dynasty.“ In: Michael Loewe and Edward L. Shaughnessy (eds.). The Cambridge History of Ancient China From the Origins of Civilization to 221 B.C. Cambridge: Cambridge University Press, 1999b, 232–291, hier 34.

[2] Chou Hung-hsiang. „The Fu-X Ladies of the Shang Dynasty.“ In: Monumenta Serica 29, 1970-71, 346–390, hier 370.

Literatur

Bagley, Robert. „Shang Archaeology.“ In: Michael Loewe and Edward L. Shaughnessy (eds.). The Cambridge History of Ancient China. From the Origins of Civilization to 221 B.C. Cambridge: Cambridge University Press, 1999, 124–231.

Chang Ping-ch’üan. „A Brief Description of the Fu Hao Oracle Bone Inscriptions.“ In: K. C. Chang (ed.). Studies of Shang Archeology. Selected Papers from the International Conference on Shang Cilivization. New Haven: Yale University Press, 1982, 121–140.

Chou Hung-hsiang. „The Fu-X Ladies of the Shang Dynasty.“ In: Monumenta Serica 29, 1970-71, 346–390.

Keightley, David N. „At the Beginning. The Status of Women in Neolithic and Shang China“. In: Nan Nü 1.1, 1999a, 1–63.

Keightley, David N. „The Shang: China’s First Historical Dynasty.“ In: Michael Loewe and Edward L. Shaughnessy (eds.). The Cambridge History of Ancient China From the Origins of Civilization to 221 B.C. Cambridge: Cambridge University Press, 1999b, 232–291.

Linduff, Katheryn M. „Women’s Lives Memorialized in Burial in Ancient China at Anyang.” In: S. M. Nelson and M. Rosen-Ayalon (eds.). In Pursuit of Gender: Worldwide Archaeological Approaches. Walnut Creek: AltaMira Press, 2002, 257–287.

Wang Ying. „Rank and Power among Court Ladies at Anyang.“ In: Katheryn M. Linduff and Yan Sun (eds.). Gender and Chinese Archaeology. Walnut Creek: AltaMira Press, 2004, 95–113.

Von |2019-01-14T16:38:34+01:0015. Januar 2016|ForschungsErgebnisse|0 Kommentare

Mag. Elke Papelitzky ist Universitätsassistentin am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg, wo sie über maritime Geschichte und die Darstellung des Auslands in Werken der späten Ming-Dynastie (1368–1644) forscht. Sie ist außerdem Mitglied des Teams East Asian Mediterranean der Major Collaborative Research Initiative des Indian Ocean World Centres. (http://indianoceanworldcentre.com/Team_3).