Katholische Frauen im Austrofaschismus. Das Recht auf Erwerbsarbeit für alle Frauen?

Im April 1937 hielt Fanny Starhemberg, zentrale Vertreterin der katholischen Frauenbewegung, eine Rede über „Die wirtschaftliche Funktion der Frau“. Darin verteidigte sie das Recht der Frau auf Erwerbsarbeit, verknüpfte dieses aber mit einer „gottgewollten“ Geschlechter- und Gesellschaftshierarchie.

Fanny Starhemberg und die katholische Frauenbewegung

Die katholische Frauenbewegung entstand in Österreich Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde 1906/7 als Katholische Reichsfrauenorganisation (KFO) institutionalisiert und repräsentierte in der Ersten Republik etwa 200.000 Mitglieder. Ihre leitenden Vertreterinnen waren Frauen des Adels und Bildungsbürgertums. Sie engagierten sich primär in karitativen und erzieherischen Tätigkeiten, stellten aber auch politische Forderungen.[1]

Schwarz-Weiß-Porträt von Fanny Starhemberg mit Perlenkette.
Fanny Starhemberg 1927, Foto: Georg Fayer. Quelle: OeNB 10452355

Die KFO war eine von mehreren Gruppen zur Vertretung frauenspezifischer Interessen im Umfeld der Christlichsozialen Partei und der Katholischen Kirche. Wie diese vertrat sie die Vorstellung einer „gottgewollten“ Geschlechterdifferenz, leitete daraus aber nicht eine bedingungslose „Rückkehr“ der Frau in die private Sphäre ab.

Frauen sollten nicht nur in der Familie, sondern auch im Berufsleben eine aktive Rolle spielen. Das galt jedoch nicht für alle Berufe gleichermaßen. Wie es am Beispiel von Fanny Starhembergs Rede in Folge gezeigt wird, wurde in eine erstrebenswerte Arbeit mit ideellem Gewinn (beispielsweise Unterrichten) und solche Lohnarbeit, die nur dem Überleben diene und daher abzulehnen sei (z. B. Fabriksarbeit), unterschieden.

Fanny Starhemberg (1875–1943) kam aus einer aristokratischen Familie und betätigte sich zunächst in karitativer Arbeit. 1914 gründete sie die Katholische Frauenorganisation in Oberösterreich, 1925 übernahm sie die Leitung der KFO. Zusätzlich war sie in der christlichsozialen Partei aktiv, wurde 1920 Delegierte im Bundesrat und als erste Frau stellvertretende Obfrau der Partei.

(Katholische) Frauen im Austrofaschismus

Die Ausschaltung des Parlaments im März 1933 begrüßte die katholische Frauenbewegung zunächst. Sie versprach sich durch die Machtübernahme ihres politischen Lagers und die Illegalisierung ihrer sozialdemokratischen und deutschnationalen Konkurrenz mehr Einfluss.[2]

Werbung des Frauenreferats der Vaterländischen Front aus einem Magazin auf zwei Seiten gedruckt. Sichtbar sind Abbildungen von Frauen in einem Saal, sowie von Kindern und Frauen bei Veranstaltungen.
Werbung für das Frauenreferat der VF im Jahr 1938, Quelle: Wienbibliothek im Rathaus, P-59.

Doch ihre Erwartungen wurden bald enttäuscht: Das Doppelverdienergesetz von 1933 schloss verheiratete Frauen von einer Anstellung im öffentlichen Dienst aus.[3] Die Maiverfassung 1934 schuf die formelle staatsbürgerliche Gleichheit von Frauen und Männern ab. In der neuen autoritären Ordnung wurden (auch katholische) Frauen weitgehend aus politischen Ämtern ausgeschlossen.[4]

Zusätzlich wurden ihre selbstständigen Organisationen entmachtet. Katholische Frauen sollten sich stattdessen in die Katholische Aktion, die „unpolitische“ Laienorganisation der Katholischen Kirche, oder die frauenspezifischen Organisationen der Vaterländischen Front (VF), das Mutterschutzwerk und das Frauenreferat, eingliedern.

Dieser Prozess verlief nicht friktionsfrei, manche Akteurinnen kritisierten die fehlende Möglichkeit eigenständiger politischer Arbeit. In Folge wurde beispielsweise Alma Motzko-Seitz (1887–1968), die bisherige Leiterin der KFO Wien, bei den neuen Stellenbesetzungen übergangen. Fanny Starhemberg hingegen wurde 1933 zur Präsidentin des Frauenreferates ernannt.[5]

Das Recht der Frau auf Erwerbsarbeit

Vorwort zur Publikation des Berichts der Tagung "Die Frau in Beruf und Wirtschaft", veranstaltet vom Frauenreferat der Vaterländischen Front, 1937, in Wien.
Programm der Tagung „Die Frau in Beruf und Wirtschaft“, April 1937, Quelle: Parlamentsbibliothek 15.984

Im April 1937 hielt Fanny Starhemberg ihre Rede auf der vom Frauenreferat der VF organisierten Tagung „Die Frau in Beruf und Wirtschaft“. Sie beschrieb die triste soziale Realität vieler Frauen und wollte ihren Forderungen Gehör verschaffen. Ihr zentrales Anliegen war die Verteidigung des Rechts von Frauen auf Erwerbsarbeit.

Starhemberg argumentierte, der verstärkte Eintritt von Frauen in Erwerbsarbeit seit der Wirtschaftskrise der späten 1920er Jahre sei primär durch ökonomische Notwendigkeit motiviert gewesen. Viele Frauen arbeiteten unter schlechten Arbeitsbedingungen und verrichteten Tätigkeiten, die ihnen keine „seelische Befriedung“ brächten, um ihr eigenes und das Familieneinkommen zu sichern.[6]

Dennoch sei die oft gestellte Forderung „gewisser Kreise“ nach einem Verbot weiblicher Berufstätigkeit keine Lösung, wie sie betonte.[7] Starhemberg spielte damit auf die Vorstellungen der regimeloyalen, christlichen Gewerkschafter an, die Frauen aus dem Arbeitsmarkt drängen wollten, um die männliche Arbeitslosigkeit zu senken.

So formulierte beispielsweise Leopold Kunschak (1871–1953), Gründer des christlichsozialen Arbeitervereines und ebenso christlichsozialer Politiker, diese Forderung eingebettet in seine gesamtgesellschaftliche Vision:

Mit einer schrittweisen Abdämmung dieser einen Quelle unnatürlicher, sendungswidriger Berufsstellung der Frau wäre nicht nur den Interessen des Arbeiterstandes, seiner Mütter und Kinder, sondern in noch höherem Maße dem allgemeinen […] gesellschaftlichen Interesse gedient.

Leopold Kunschak, Zur Frauenfrage, in: Neue Ordnung 13, Nr. 4 (April 1937), 75–81, 78.

Obwohl auch Starhemberg den eigentlichen Platz der Frau im Haus sah, brauche es zuerst die Schaffung sozialer Verhältnisse, die die (unbezahlte) Hausarbeit der Frau ermögliche. Zunächst müssten dafür die geringeren Frauenlöhne an jene der Männer angepasst werden. So wären Frauen keine billigere Konkurrenz mehr am Arbeitsmarkt und es gäbe mehr Arbeitsplätze für Männer.

Zusätzlich müsse ein ausreichender Familienlohn eingeführt werden, damit die männliche Erwerbsarbeit zur Sicherung des Familieneinkommens genüge. Doch selbst dann gebe es Frauen, die aus ideellen oder materiellen Gründen einer Erwerbsarbeit nachgehen wollten bzw. müssten, etwa wenn sie ehelos geblieben waren. Diesen müsse dies ermöglicht werden, auch sie könnten Erfüllung außerhalb der Ehe finden.[8]

Anerkennung unbezahlter Hausarbeit

1,2 Millionen, etwa ein Drittel der in Österreich lebenden Frauen im Jahr 1934, gingen keiner regulierten Lohnarbeit nach und wurden von Fanny Starhemberg zu den Hausfrauen gezählt. Starhemberg betonte die wichtige Bedeutung der Hausarbeit, da diese die Reproduktion der Familie, der Keimzelle von Wirtschaft und Gesellschaft, garantierte. Trotz ihrer Relevanz würde diese Arbeit nicht als solche gewürdigt.[9]

Sie forderte, „die in der Hauswirtschaft tätigen Frauen in geeigneter Form zu erfassen und sie in die Aufbauarbeit für den neu zu schaffenden österreichischen Ständestaat einzugliedern.“[10] Damit rekurrierte sie auf eine bereits länger bestehende Forderung der katholischen Frauenbewegung nach Schaffung einer Hauswirtschaftskammer und Sozialversicherung für Hausfrauen.

Der Versuch, (symbolische) Anerkennung und politische Repräsentation für Hausfrauen zu erreichen, scheiterte. Als einziges Zugeständnis wurde 1937 eine Hausarbeitskommission mit beratender Funktion im Sozialministerium eingerichtet.[11]

Frauen in der Fabrik, Männer in Kochkursen

Weitere rund 1,1 Millionen Frauen in Österreich gingen (offiziell) einer Erwerbsarbeit nach und stellten damit etwa ein Drittel der Berufstätigen. Auch wenn Starhemberg grundsätzlich das Recht der Frau auf Erwerbsarbeit verteidigte, war sie besorgt, weil diese seit der Wirtschaftskrise vor allem in den Arbeiterberufen angestiegen war. Waren 1929 noch knapp 39 % der Arbeiter:innen weiblich, waren es 1934 bereits über 44 Prozent, in Wien lag der Frauenanteil noch höher.[12]

Starhemberg sah den Hauptgrund für diesen Anstieg in der Rationalisierung, die männliche Arbeitsplätze gekostet habe. Die dadurch sinkenden Familieneinkommen zwängen Frauen zur Aufnahme von Lohnarbeit. Außerdem würden diese als billigere Arbeitskräfte bevorzugt eingestellt, sie verdienten nur 60 bis 70 Prozent ihrer männlichen Kollegen.[13]

Starhemberg sah dies vor allem aus moralischen Gründen als problematisch an. Es sei „wirtschaftliche Anarchie“, dass Frauen in Fabriken arbeiteten, während Männer sich um den Haushalt kümmerten. Sie berichtete geschockt von Anfragen arbeitsloser Männer nach Kochkursen:

In einem bekannten Fabrikszentrum in der Umgebung Wiens hat es sich tatsächlich ereignet, daß Frauen, […] von arbeitslosen männlichen Arbeitern allen Ernstes gebeten wurden, es mögen Kochkurse für Männer veranstaltet werden, da heute viele arbeitslose oder ausgesteuerte Männer, deren Frauen in Arbeit stehen, sich um den Haushalt annehmen müssen und für diese Aufgaben geschult werden möchten. Es wirft dies wohl ein grelles Schlaglicht auf die unnatürlichen Verhältnisse unserer Zeitperiode.

Fanny Starhemberg, Die wirtschaftliche Funktion der Frau, in: Die Frau in Beruf und Wirtschaft: Referate der Tagung des Frauenreferates der Vaterländischen Front, Wien 1937, 15f.

Starhemberg ließ in ihren Ausführungen jedoch unthematisiert, dass sich auch die allgemeine soziale Lage von Arbeiter:innen seit den späten 1920er Jahren drastisch verschlechtert hatte. Die steigende Arbeitslosigkeit und das Verbot von Streiks (1933) sowie unabhängigen Gewerkschaften (1934) verschlechterten ihre Position gegenüber Unternehmern. Dazu kamen umfassende Kürzungen in der Sozialversicherung.[14] Diese Entwicklungen trafen Arbeiterinnen, die traditionell in einer benachteiligten Position am Arbeitsmarkt standen, besonders hart.[15]

Heimarbeit – Debatten mit den christlichen Gewerkschaftern

Seit der Wirtschaftskrise der 1920er Jahre war der Heimarbeit, also der Auslagerung von Stückarbeit in private Haushalte z. B. in der Bekleidungsproduktion, wieder steigende Bedeutung zugekommen. Die Löhne waren miserabel und die täglichen Arbeitszeiten lang.

Offiziell gab es 1934 17.000 Heimarbeiter:innen, davon zwei Drittel Frauen. Da viele Heimarbeiter:innen nicht sozialversichert waren, war diese Arbeit in der Praxis viel weiter verbreitet.[16] Fanny Starhemberg forderte, dass dem Thema mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden müsse.[17]

Auch die christlichen Gewerkschafter skandalisierten die katastrophale soziale Lage dieses weiblich dominierten Sektors und forderten mehr Kontrolle und verbesserte Arbeitsbedingungen. Im Gegensatz zu Starhemberg wollten sie aber zunächst die Beschränkung der Heimarbeit auf Frauenarbeit, langfristig ihre gänzliche Abschaffung. Sie zielten damit auf mehr regulierte Arbeitsplätze für Männer.[18]

Hausgehilfinnen und landwirtschaftliche Arbeiterinnen

Starhemberg erwähnte in ihrer Rede den stetigen Rückgang der Anzahl von Hausgehilfinnen und landwirtschaftlichen Arbeiterinnen seit dem beginnenden 20. Jahrhundert. Obwohl in beiden Berufsgruppen weiterhin zahlreiche Frauen beschäftigt waren, thematisierte sie deren soziale Situation in Folge nicht. Die Anzahl von Hausgehilfinnen hatte seit 1910 um ein Drittel abgenommen, 1934 waren jedoch immer noch 170.000 Frauen in dieser Branche beschäftigt, der Frauenanteil betrug über 96 Prozent.[19] Die Gründe für diesen Rückgang waren neben den schlechten Arbeitsbedingungen und der sinkenden Migration in die Städte auch die relative Verarmung der Mittelklasse aufgrund des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise, die sich nun weniger Hausgehilfinnen leisten konnte.[20]

Vor allem der letzte Punkt beschäftigte die katholischen Frauen aus ihrer eigenen Perspektive. So erklärte Maria Maresch (1886–1970), Soziologin und erste weibliche Sektionsrätin im Unterrichtsministerium, auf der gleichen Tagung:

Alle Auswege die wir gehen wollten, wie zum Beispiel Abbau, Doppelverdienergesetz und dergleichen, haben die Zahl der Arbeitsplätze nicht wesentlich vermehrt, die Zahl der Arbeitslosen nur von oben nach unten verschoben: Oben wurde eine Lehrerin abgebaut, sie mußte ihr Dienstmädchen entlassen; sie hat sich ihr Kleid selbst genäht und eine Näherin wurde arbeitslos.

Maria Maresch, Berufsarbeit der Frau als Grundlage der Volkswohlfahrt, in: Die Frau in Beruf und Wirtschaft, 41.
Schwarz-Weiß Porträt von Maria Marsch schräg in die Kamera blickend.
Maria Maresch. Quelle: Österreichs Frauenzeitung 4, Nr. 10 (Dezember 1930)

Die Kritik der katholischen Frauenbewegung am angestrebten Ausschluss von Frauen aus dem öffentlichen Dienst bezog sich nicht nur auf deren Position am Arbeitsmarkt, sondern auch auf ihre Stellung innerhalb des Haushaltes. Mit der ökonomischen Schlechterstellung einher ging auch der Verlust der eigenen Rolle bürgerlicher Frauen als Arbeitgeberinnen des häuslichen Personals.

Die größte Gruppe der Berufsstätigen in Österreich im Jahr 1934 waren landwirtschaftliche Arbeiter:innen, von denen über ein Drittel oder 524.000 Frauen waren.[21] Die Vorstellung der harmonischen Zusammenarbeit von Bauern und Knechten bzw. Mägden bildete einen wichtigen Referenzpunkt für das Regime.[22] Die Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft waren jedoch von hoher persönlicher Abhängigkeit geprägt, Arbeiter:innen nur teilweise in die Sozialversicherungen integriert und von politischer Repräsentation ausgeschlossen.[23]

Für eine neue „schöpferische Berufspolitik“

Schließlich forderte Starhemberg die Durchsetzung einer „neuen schöpferischen Berufspolitik“. Frauen und Männer hätten zwar verschiedenartige gesellschaftliche Funktionen, dennoch fänden die Tätigkeiten der Frauen in der Familie auch in der öffentlichen Sphäre eine Entsprechung, in Bereichen wie Fürsorge, Erziehung und Pflege. In diesen Bereichen müssten neue Berufsmöglichkeiten für Frauen geschaffen werden.[24]

Die Zielgruppe, die Starhemberg dafür vor Augen hatte, waren vor allem bürgerliche Frauen, die ihren Geschlechtsgenossinnen in der Arbeiterschaft die richtige Führung des kleinbürgerlichen Haushaltes beibringen sollten:

Gerade beim Arbeiterhaushalt scheint es besonders in der gegenwärtigen Zeit von größter Bedeutung, daß die Frau für ihre Aufgaben als Führerin der Wirtschaft entsprechend vorgeschult wird, da sie nur in diesem Falle in der Lage ist, in rationeller, d.h. sparsamer und doch ausreichender Weise mit den vorhandenen Mitteln für die Lebenshaltung der Familie auszukommen.

Fanny Starhemberg, Die wirtschaftliche Funktion der Frau, in: Die Frau in Beruf und Wirtschaft, 20f.

Resümee

Katholische Frauen unterstützten die generelle Ausrichtung des Regimes, eine „gottgewollte“ hierarchische Arbeitsteilung basierend auf den Kategorien Geschlecht und Klasse. Innerhalb dieser Struktur wollten sie die Position von Frauen verbessern.

Fanny Starhemberg steht auf einem Podium mit Österreichfahnen mit dem Krukenkreuz (Symbol des austrofaschistischen Ständestaates) und spricht vor einer Menge an Frauen und Männern die an Tischen mit Gläsern sitzen. Es ist ein schwarz-weiß Foto.
Fanny Starhemberg spricht 1935 bei einem Frauenappell der Vaterländischen Front. Quelle ÖNB Bildarchiv

Fanny Starhembergs Rede zeigt, dass das Eintreten für weibliche Erwerbsarbeit nicht gleichermaßen für alle Frauen und Berufe galt. Ihre Forderungen zielten vor allem darauf ab, bürgerlichen Frauen Zugang zu privilegierten Positionen als Lehrerinnen oder Erzieherinnen zu verschaffen.

Frauen aus der Arbeiterklasse hingegen sollten nicht mehr der schädlichen Fabriksarbeit nachgehen, sondern sich stattdessen auf häusliche Arbeit konzentrieren, entweder als (unbezahlte) Hausfrauen oder (entlohnte) Hausgehilfinnen. Letzteres sollte damit auch die relativ bessere soziale Position bürgerlicher Frauen erhalten.

Gegenüber den führenden Regimeakteuren – Männern ihres politischen Lagers und ihrer sozialen Schicht – konnte die katholische Frauenbewegung dem Angriff auf Frauenrechte jedoch nicht viel entgegensetzen. Die politische Entrechtung von Frauen im Austrofaschismus bedeutete den ersten großen Einschnitt seit 1918.

Die Verdrängung von Frauen aus der öffentlichen Sphäre führte allerdings nicht zur geplanten Verwirklichung der patriarchalen Kleinfamilie, wie sie auch katholische Frauen anstrebten. Obwohl der Frauenanteil an den regulär Erwerbstätigen während der Wirtschaftskrise und dem Austrofaschismus leicht zurückging, ist davon auszugehen, dass viele Frauen stattdessen in unversicherte, prekäre Arbeitsverhältnisse in der Heimarbeit oder Landwirtschaft eintraten.[25]

Elisabeth Luif

Anmerkungen

[1] Vgl. Irene Bandhauer-Schöffmann, Remaskulinisierung. Die Katholische Frauenbewegung in Österreich in den 1930er Jahren, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 26, H. 2 (2015), 214–226, 214–216. Für hilfreiche Anmerkungen zu diesem Beitrag danke ich Johanna Gehmacher, Veronika Helfert, Jessica Richter, Susan Zimmermann und allen Kolleg:innen im Dissertationskolloquium Frauen- und Geschlechtergeschichte am Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien im Sommersemester 2022.

[2] Vgl. Bandhauer-Schöffmann, Remaskulinisierung, 215f.

[3] Vgl. Neda Bei, Austrofaschistische Geschlechterpolitik durch Recht. Die „Doppelverdienerverordnung“, in: Ilse Reiter-Zatloukal, Christiane Rothländer, Pia Schölnberger (Hg.), Österreich 1933–1938. Interdisziplinäre Annäherungen an das Dollfuß-/Schuschnigg-Regime, Wien 2012, 197–206.

[4] Vgl. Irene Bandhauer-Schöffmann, Der „Christliche Ständestaat“ als Männerstaat? Frauen- und Geschlechterpolitik im Austrofaschismus, in: Emmerich Tálos, Wolfgang Neugebauer (Hg.), Austrofaschismus: Politik – Ökonomie – Kultur 1933–1938, Wien 2014, 254–280, 254.

[5] Vgl. Irene Schöffmann, Organisation und Politik katholischer Frauen im „Ständestaat“, in: zeitgeschichte 11 (1983), 349–375.

[6] Vgl. Fanny Starhemberg, Die wirtschaftliche Funktion der Frau, in: Die Frau in Beruf und Wirtschaft: Referate der Tagung des Frauenreferates der Vaterländischen Front, Wien 1937, 5–16.

[7] Vgl. ebd., 16f.

[8] Vgl. ebd., 17–19.

[9] Vgl. ebd., 13f.

[10] Ebd., 14.

[11] Vgl. Bandhauer-Schöffmann, Der „Christliche Ständestaat“ als Männerstaat?, 259–261.

[12] Das restliche Drittel der in Österreich lebenden Frauen waren selbstständig berufstätige Frauen (etwa 300.000) und Mädchen unter 14 Jahren (etwa 700.000). Vgl. Die Frau in Beruf und Wirtschaft, 12f, 45.

[13] Vgl. Starhemberg, Die wirtschaftliche Funktion der Frau, 13–15.

[14] Vgl. Emmerich Tálos, Sozialpolitik im Austrofaschismus, in: Tálos, Neugebauer (Hg.), Austrofaschismus, 222–235.

[15] Vgl. Brigitte Ennsmann, Frauenpolitik und Frauenarbeit im Austrofaschismus, Wien 1993, 125. Am Beispiel des Zugangs zur Arbeitslosenversicherung: Irina Vana, Arbeitslose Männer und verdienstlose Frauen? Auswirkungen der austrofaschistischen Arbeitsmarktpolitik auf die geschlechtliche Normalisierung von Arbeitslosigkeit, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 27, H. 3 (2016), 16–43.

[16] Auf Basis zeitgenössischer Berichte und Debatten trifft diese Einschätzung: Ennsmann, Frauenpolitik und Frauenarbeit im Austrofaschismus, 119f.

[17] Vgl. Starhemberg, Die wirtschaftliche Funktion der Frau, 11f.

[18] Vgl. Leo Hintze, Heimarbeit. Ein Wort Zur Arbeiterfrage. Sozialpolitischer Dienst Nr. 1, Wien 1936.

[19] Vgl. Die Frau in Beruf und Wirtschaft, 53.

[20] Vgl. Ennsmann, Frauenpolitik und Frauenarbeit im Austrofaschismus, 85.

[21] Vgl. Die Frau in Beruf und Wirtschaft, 47.

[22] Siehe bspw. die bekannte Trabrennplatzrede von Kanzler Dolfuß im September 1933, online abrufbar auf der Seite des Austria-Forums.

[23] Vgl. Ernst Langthaler, Ein brachliegendes Feld. Forschungen zur Agrargeschichte Österreichs in den 1930er-Jahren, in: Florian Wenninger, Lucile Dreidemy (Hg.), Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime 1933–1938. Vermessung eines Forschungsfeldes, Wien 2013, 331–347, 339f; Gerhard Senft, Im Vorfeld der Katastrophe. Wirtschaftspolitik des Ständestaates. Österreich 1934–1938, Wien 2014, 308f.

[24] Vgl. Starhemberg, Die wirtschaftliche Funktion der Frau, 20f.

[25] Vgl. Ennsmann, Frauenpolitik und Frauenarbeit im Austrofaschismus, 114–123.

By |2022-12-16T07:51:58+01:0015. November 2022|QuellenArbeit|0 Comments

Elisabeth Luif ist Historikerin mit einem Hintergrund in den Sozialwissenschaften. Aktuell forscht sie im Rahmen ihrer Dissertation an der Central European University (Wien/Budapest) zu Integrationspolitiken faschistischer/autoritärer Regime gegenüber der Arbeiterschaft im Österreich und Griechenland der 1930er Jahre. Sie arbeitet als Trainerin für historisch-politische Bildung und ist im public history Projekt present:history aktiv.

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