Überleben, Weiterleben: Berta Ottenstein und Hanna Kuh

Durch ihre Flucht überlebten die Forscherin Berta Ottenstein und die Röntgenassistentin Hanna Kuh den Holocaust. Doch ihr neues Leben im Exil gestaltete sich recht unterschiedlich. Eine intersektionale Spurensuche in einem biografischen Geflecht von Brüchen und Kontinuitäten.

Abb. 1: Berta Ottenstein im Labor, ca. 1930. Quelle: Universitätsarchiv Freiburg, D 0013/3109

Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, war Berta Ottenstein 42 Jahre alt.[1] Die Medizinerin und Chemikerin arbeitete zu der Zeit als Privatdozentin an der Universität Freiburg. Dort hatte sie sich knapp zwei Jahre zuvor als erste Frau in Deutschland im Fach Dermatologie habilitiert.[2] Im April 1933 wurde Berta Ottenstein auf Grund ihrer jüdischen Abstammung von der Universität entlassen.[3] Ihres Berufs und ihrer Leidenschaft beraubt, verließ sie Deutschland noch im September desselben Jahres und emigrierte zunächst nach Ungarn, dann in die Türkei und schließlich in die USA.

Anders sah es 1933 bei der Wienerin Hanna Kuh aus. Für die 20-jährige ausgebildete Röntgenassistentin war die Welt zu diesem Zeitpunkt noch weitestgehend in Ordnung. Das änderte sich radikal nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938: Als Jüdin verlor die junge Frau von einem Tag auf den anderen alle ihre Rechte und war der antisemitischen Verfolgung schutzlos ausgeliefert.[4] Hanna Kuh schaffte es, im Oktober 1938 nach Großbritannien zu fliehen.

Abb. 2: Hanna Kuh, Wien, 1930er Jahre. Quelle: LHW/ÖEB NL Kuh

Die (Un)Möglichkeit der Flucht

Berta Ottenstein (1891–1956) und Hanna Kuh (1913-1995) überlebten den Holocaust, weil sie flohen. Doch wer hatte überhaupt die Möglichkeit dazu und wem blieb sie verwehrt? Gab es geschlechtsspezifische Fluchtoptionen? Und spielte das Geschlecht bei der Bewältigung der Flucht und beim Anpassen an die neue Lebensumgebung eine Rolle?

Um diesen Fragen nachzugehen, ist es unerlässlich, die geschlechtsspezifische Perspektive auf Verfolgung und Flucht im Nationalsozialismus mit Kategorien wie Schicht, Klasse, Ethnizität, Religion, Familienstand und Alter zu verknüpfen. Nur durch diese intersektionale Perspektive wird deutlich, wie unterschiedlich die Handlungsmöglichkeiten verfolgter Menschen waren (und bis heute sind) und wie sich ihre konventionellen und/oder emanzipatorischen Lebensentwürfe nach der Flucht neu formten.[5]

Fluchtbarriere Alter

Hanna Kuh war 25 Jahre alt, als sie durch die Anstellung als Hausangestellte in Großbritannien aus Österreich fliehen konnte. Als einzige ihrer Familie überlebte sie den Holocaust. In den späten 1930er Jahren gelang es rund 20.000 jüdischen Menschen, durch Arbeit in britischen Haushalten der nationalsozialistischen Verfolgung zu entkommen.[6]

Abb. 3: Hanna Kuh (vorne links) mit der Familie Mattingly, London, 1939/40. Quelle: LHW/ÖEB NL Kuh

Überwiegend waren es junge Frauen; der häusliche Dienst war entsprechend der durchgesetzten Imaginationen geschlechtsspezifischer Eigenschaften und Fähigkeiten seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert überall in Europa eine fast ausschließlich weibliche Angelegenheit.[7]

Außerdem war der Erhalt der lebensrettenden Beschäftigungsbewilligung – das sog. „domestic permit“ – an mehrere Bedingungen geknüpft. Dazu gehörte eine Altersbeschränkung: Alleinstehende Frauen mussten zwischen 18 und 45 Jahren alt sein, ebenso wie verheiratete Paare, die überhaupt nur einreisen durften, wenn sie gemeinsam in einem Haushalt angestellt wurden.[8]

Aber auch die grundsätzliche Entscheidung, ob Verfolgte fliehen wollten oder nicht, war oft vom Alter abhängig. Die Auswanderung war vor allem für ältere jüdische Menschen häufig keine Option – nicht nur aufgrund restriktiver Einwanderungsgesetze, sondern auch wegen familiärer Bindungen oder der Furcht vor dem Unbekannten. Anders sah es bei Kindern und Jugendlichen aus, die die Flucht eher wagten oder von ihren Eltern in Sicherheit geschickt wurden, etwa mit sogenannten Kindertransporten.[9]

Gleichzeitig spielte auch das Geschlecht eine Rolle: Viele jüdische Männer flohen verstärkt nach dem Novemberpogrom 1938, unter anderem, weil sie zu diesem Zeitpunkt einem höheren Risiko der Inhaftierung und Deportation ausgesetzt waren.[10] Viele Frauen hingegen hinderte die Betreuung hilfsbedürftiger Angehöriger an der Flucht. Als die Nationalsozialisten im Oktober 1941 ein Auswanderungsverbot für die jüdische Bevölkerung erließen, hatten die bis dahin nicht geflüchteten, vorwiegend älteren Menschen – darunter mehr Frauen als Männer – kaum noch eine Chance,[11] den wenigen Tagen zuvor begonnenen systematischen Deportationen zu entkommen.[12]

Fluchtbarriere soziale Schicht

Berta Ottenstein hatte bereits in den 1920er Jahren als Forscherin in mehreren Ländern gearbeitet und sich ein internationales Netzwerk aufgebaut, das ihr im Jahr 1933 zugutekam. Der Zugang zu Fluchtmöglichkeiten war oft abhängig von der sozialen Zugehörigkeit und den wirtschaftlichen Verhältnissen.[13] Netzwerke wie das von Berta Ottenstein sowie anderer Intellektueller und Künstler*innen engagierten sich, um verfolgten Freund*innen, Kolleg*innen und Bekannten bei der Flucht zu helfen.

1933 wurde Berta Ottenstein persönlich vom Direktor der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Pázmány-Péter-Universität nach Budapest eingeladen. Zwei Professorenkollegen aus Deutschland hatten die Dermatologin empfohlen. Zwei Jahre später wechselte sie zur Klinik für Dermatologie und Syphilisforschung in Istanbul – ebenfalls auf Einladung des türkischen Klinikleiters, einem Freund ihres Vorgesetzten in Budapest.[14]

Abb. 4: Berta Ottenstein, ca. 1950. Quelle: Universitätsarchiv Freiburg, D 0013/1674

Die damalige Einwanderungspolitik der Türkei ist ein anschauliches Beispiel für die Kohärenz von Flucht und sozialem Status: Zwischen 1933 und 1944 gewährte die Türkei nahezu ausschließlich Wissenschaftler*innen, hochqualifizierten Fachkräften und wissenschaftlichem Hilfspersonal Asyl. Die türkische Regierung erhoffte sich von den ausländischen Expert*innen im Zuge ihrer Hochschulreform von Mai 1933 einen Innovationsschub durch den Aufbau moderner Forschung und Lehre.[15]

Einreisen durften nur diejenigen, die als nützlich erachtet wurden. Dies verdeutlicht, wie stark die soziale Ausgangslage das Überleben beeinflussen konnte. Berta Ottenstein war eine von lediglich rund 640 Personen, die legal in der Türkei Exil fanden.[16]

Wie ging es nach der Flucht weiter?

Berta Ottenstein und Hanna Kuh standen ebenso wie hunderttausende andere zur Flucht gezwungene Frauen, Männer und Kinder vor der Herausforderung, sich in der Fremde eine neue Existenz aufzubauen. Neben ökonomischen, sozialen, kulturellen und sprachlichen Hindernissen mussten sie zusätzlich mit den traumatischen Erfahrungen umgehen.[17]

Das Ankommen im neuen Leben. Berta Ottenstein …

Berta Ottenstein konnte ihren emanzipatorischen Lebensentwurf als Wissenschaftlerin auch nach ihrer Flucht fortsetzen. Sie erhielt Anstellungen an Kliniken und Universitäten in Budapest, Istanbul und Boston. Trotz ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistungen blieb sie beruflich jedoch weiterhin von der Diskriminierung betroffen, die sie bereits in der Weimarer Republik aufgrund ihres Geschlechts erfahren hatte. Damals waren die Hürden für Frauen in der Wissenschaft noch höher als heute, obwohl Frauen nach wie vor im Wissenschaftsbetrieb benachteiligt werden.[18]

Abb. 5: Späte Ehrung. 2014 wurde in Freiburg eine Straße nach Berta Ottenstein benannt. 6.8.2022. CC BY-SA, via Wikimedia commons

1931 hatte die Universität Freiburg Berta Ottenstein lediglich eine befristete Stelle als Privatdozentin angeboten; im Exil setzte sich diese Benachteiligung fort. In Budapest erhielt Berta Ottenstein für ihre Arbeit keinen Lohn, und auch später wurden ihr eine feste Anstellung oder der Titel einer Professorin – und somit finanzielle Sicherheit – lange Zeit verwehrt. Erst kurz vor ihrem Tod im Jahr 1956 erkannte die Universität Freiburg Berta Ottenstein eine planmäßige Professur und die dazugehörigen Pensionsansprüche zu.[19]

…. und Hanna Kuh

Für Hanna Kuh bedeutete die Flucht einen tiefgreifenden Einschnitt in ihr bisheriges Leben. Als junge Frau war sie in einem fremden Land auf sich allein gestellt. Der Kontakt zu ihren Eltern war, bis zu deren Ermordung 1942 durch die Nationalsozialisten, nur über Briefe möglich. Anfangs empfand Hanna Kuh große Einsamkeit und Sehnsucht nach ihrem Zuhause.

Abb. 6: Hanna Kuh mit Katze Mickey im Garten der Familie Mattingly, London, 1939/40. Quelle: LHW/ÖEB NL Kuh

Die Arbeit als Hausangestellte markierte für sie einen sozialen Abstieg, da ihre Familie in Wien bis zum „Anschluss“ selbst Hauspersonal beschäftigt hatte. Zudem waren die Arbeitsbedingungen äußerst anspruchsvoll: Hausangestellte mussten üblicherweise 12 Stunden am Tag, sechseinhalb Tage die Woche arbeiten. Darüber hinaus fehlte es den Arbeitgeber*innen oft an Verständnis für die Vorgeschichte und Belastungen ihrer geflüchteten Angestellten.[20]

Nach mehreren Haushaltswechseln fand Hanna Kuh schließlich 1939 eine Anstellung bei der Familie Mattingly in London. Die Mattinglys behandelten sie wie ein Familienmitglied und gaben ihr ein Gefühl von Zugehörigkeit. Gleichzeitig engagierte sich Hanna Kuh ab Frühjahr 1939 im Austrian Centre, einer Organisation für österreichische Exilant*innen,[21] und ab 1941 im Free Austrian Movement, einer Dachorganisation für Exilgruppen von Österreicher*innen in Großbritannien.[22]

Durch ihr sinnstiftendes Engagement gewann Hanna Kuh Handlungsmacht zurück und es verhalf ihr zu einem wertvollen Netzwerk von Gleichgesinnten. Die Freundinnen und „Ersatzfamilie“ des Austrian Centre halfen der alleinerziehenden Mutter unter anderem bei der Betreuung ihres Sohnes George (30.6.1940).[23]

Resumee

Die Einblicke in die Lebensgeschichten von Berta Ottenstein und Hanna Kuh verdeutlichen die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Geschlecht, Alter und sozialer Schicht – selbst wenn beide Frauen aus bürgerlichen Verhältnissen stammten und Menschen aus unteren sozialen Schichten natürlich meist noch stärker in ihren Fluchtoptionen eingeschränkt waren.

Ethnizität, Religion und Familienstand sind weitere Kategorien, die im Zusammenspiel mit Geschlecht die Fluchtmöglichkeiten, Transitrouten, Reisemittel und das Leben im Exil maßgeblich beeinflussten. Zum Beispiel waren Berta Ottenstein und Hanna Kuh zum Zeitpunkt ihrer Ausreise ledig und kinderlos, was die Entscheidung zur Flucht und die Aufnahme in den Zufluchtsländern erleichterte.

Eine geschlechtssensible Erinnerungsarbeit würdigt die Vielschichtigkeit der Erfahrungen der Verfolgten und zeigt Kontinuitäten und Brüche auf, ohne auf geschlechtsspezifische Stereotypisierungen und Zuschreibungen hereinzufallen.

Marion Wittfeld

Fotohinweis

Alle Fotos von Hanna Kuh: Nachlass Hanna Kuh, N1.EB-93, Österreichische Exilbibliothek / Literaturhaus Wien (ÖEB / LHW). Mit freundlicher Genehmigung von Helene Kluger-Langer und der Österreichischen Exilbibliothek / Literaturhaus Wien

Anmerkungen

[1] Die Lebensgeschichten von Berta Ottenstein und Hanna Kuh sind Teil des von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) geförderten Forschungsprojekts „Remapping Refugee Stories 1933-1955“ am Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Wien. Zur Projektwebsite

[2] Frauen war es an deutschen Universitäten erst ab 1920 erlaubt, sich zu habilitieren.

[3] Grundlage für die Entlassung war das am 7. April 1933 verabschiedete „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, kurz Berufsbeamtengesetz, mit dem alle jüdischen und politisch unerwünschten Dozent*innen und Hochschulangestellten schrittweise aus dem Staatsdienst entfernt wurden. Zu den Massenentlassungen des jüdischen Universitätspersonals an deutschen Hochschulen siehe: Michael Grüttner, Sven Kinas: Die Vertreibung von Wissenschaftlern aus den deutschen Universitäten 1933–1945, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 55 (2007) Heft 1, S. 123-186. https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2007_1_5_gruettner.pdf. Für österreichische Hochschulen siehe: Alexander Mejstrik, Therese Garstenauer, Peter Melichar, Alexander Prenninger, Christa Putz, Sigrid Wadauer: Berufsschädigungen in der nationalsozialistischen Neuordnung der Arbeit. Vom österreichischen Berufsleben 1934 zum völkischen Schaffen 1938-1940, Wien u. München 2004. https://hiko.univie.ac.at/PDF/16.pdf

[4] Erste Ausschreitungen und Gewaltakte gegen Jüdinnen und Juden fanden in Österreich bereits in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 statt. Die systematische Ausgrenzung, Diffamierung und Verfolgung der österreichischen Jüdinnen und Juden per antisemitischer Gesetzgebung folgte. Auch die in Österreich lebenden Sinti*zze und Rom*nja, die politischen Gegner*innen des NS, Monarchist*innen sowie Menschen, die aus anderen Gründen aus der Illusion einer „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen wurden, wurden von Beginn an verfolgt. Bereits Anfang April 1938 traf der erste Transport von Gefangenen aus Österreich im Konzentrationslager Dachau ein. Vgl. Arnulf Scriba: Österreich 1938-1945 (5.5.2015). Deutsches Historisches Museum, URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/aussenpolitik/oesterreich-1938-1945.html (Stand: 8.4.2024)

[5] Vgl. Katharina Prager: „Ungewöhnliches biographisches Bewusstsein“ – Exilantinnenbiografien als Laboratorium für Geschlechterverhältnisse und Transkulturalität, in: Gabriele Knapp, Adriane Feustel, Inge Hansen-Schaberg (Hg.): Flüchtige Geschichte und geistiges Erbe – Perspektiven der Frauenexilforschung, Frauen und Exil, Bd. 8, München 2015, S. 61-62 und Irene Messinger: Scheinehe damals und heute. Aspekte der Vermittlung von geschlechtsspezifischen Flucht- und Exilerfahrungen, in: Ebd., S. 161.

[6] Vgl. Tony Kushner: Fremde Arbeit. Jüdische Flüchtlinge als Hausangestellte in Großbritannien, in: Stiftung Jüdisches Museum Berlin und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Heimat und Exil. Die Emigration der deutschen Juden nach 1933 (Begleitbuch zur Ausstellung „Heimat im Exil“), Frankfurt/M. 2006, S. 72.

[7] Vgl. Karin Hausen: Die Polarisierung der „Geschlechtscharaktere“. Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben [1976], in: Dies.: Geschlechtergeschichte als Gesellschaftsgeschichte, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 202, Göttingen 2012, S. 19-49; Jessica Richter: Die Produktion besonderer Arbeitskräfte. Auseinandersetzungen um den häuslichen Dienst 1880-1938. Berlin/Boston 2024, S. 13-16; Raffaella Sarti: Conclusion. Domestic Service and European Identity, in: Suzy Pasleau/Isabelle Schopp (Hg.) mit ders.: The Modelization of Domestic Service/La modélisation du service domestique. Proceedings of the Servant Project, Bd. V, Liège 2005, S. 202-203.

[8] Vgl. Traude Bollauf: Dienstmädchen-Emigration. Die Flucht jüdischer Frauen aus Österreich und Deutschland nach England 1938/39, Wiener Studien zur Zeitgeschichte Bd. 3, Wien [u.a.] 2011, S. 149.

[9] Diese Entwicklung zeigt sich auch in den Zahlen: Im Jahr 1939 waren über 80 Prozent der jüdischen Kinder und Jugendlichen (unter 24 Jahren) aus Deutschland geflohen. Vgl. Marion A. Kaplan: Gehen oder bleiben?, in: Stiftung Jüdisches Museum Berlin und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Heimat und Exil. Die Emigration der deutschen Juden nach 1933 (Begleitbuch zur Ausstellung „Heimat im Exil“), Frankfurt/M. 2006, S. 32.

[10] Vgl. Marion A. Kaplan: Between Dignity and Despair. Jewish Life in Nazi Germany, Oxford [u.a.] 1998, S. 119-144.

[11] Die letzten verbliebenen Möglichkeiten waren das Untertauchen in die Illegalität oder der Suizid. Vgl. Claudia Schoppmann: Im Untergrund. Jüdische Frauen in Deutschland 1941-1945, in: Barbara Distel (Hg.): Frauen im Holocaust, Gerlingen 2001, S. 189-191.

[12] Vgl. Claudia Schoppmann: Flucht in den Untergrund: zur Situation der jüdischen Bevölkerung in Deutschland 1941–1945, in: Elke Frietsch, Christina Herkommer (Hg.): Nationalsozialismus und Geschlecht. Zur Politisierung und Ästhetisierung von Körper, „Rasse“ und Sexualität im „Dritten Reich“ und nach 1945, Bielefeld 2009, S. 286 und Marion A. Kaplan: Between Dignity and Despair. Jewish Life in Nazi Germany, Oxford [u.a.] 1998, S. 138-144.

[13] So waren es beispielsweise überwiegend jüdische Frauen aus der Mittel- und Oberschicht mit internationalen Kontakten, die sich durch eine sog. „Scheinehe“ retten konnten. Indem sie einen Ausländer heirateten, konnten diese Frauen entweder in Exilländer ausreisen oder waren durch die neue fremde Staatsangehörigkeit geschützt. Manche Männer ließen sich die Eheschließung von den Frauen bezahlen. Vgl. Irene Messinger: Schein oder nicht Schein. Konstruktion und Kriminalisierung von „Scheinehen“ in Geschichte und Gegenwart, Wien 2012, S. 44-52 und Irene Messinger: Scheinehe damals und heute. Aspekte der Vermittlung von geschlechtsspezifischen Flucht- und Exilerfahrungen, in: Gabriele Knapp, Adriane Feustel, Inge Hansen-Schaberg (Hg.): Flüchtige Geschichte und geistiges Erbe – Perspektiven der Frauenexilforschung, Frauen und Exil, Bd. 8, München 2015, S. 166.

[14] Vgl. Stefanie Mahrer: Berta Ottenstein. Eine Wissenschaftlerin im Exil (2024). Bislang unveröffentlichter Artikel im Rahmen des Projekts „Remapping Refugee Stories 1933-1955“ und Stefanie Mahrer: Woman, Scientist, and Jew. The Forced Migration of Berta Ottenstein, in: Kerry Wallach und Aya Elyada (Hg.): German-Jewish Studies. Next Generations, New York u. Oxford 2022, S. 177-180.

[15] Vgl. Corry Guttstadt: Die Türkei, die Juden und der Holocaust, Berlin 2008, S. 212-234 und Regine Erichsen: Das türkische Exil als Geschichte von Frauen und ihr Beitrag zum Wissenschaftstransfer in die Türkei von 1933 bis 1945, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, Band 28 (2005) Heft 4, S. 337-363.

[16] Vgl. Stiftung Jüdisches Museum Berlin und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Heimat und Exil. Die Emigration der deutschen Juden nach 1933 (Begleitbuch zur Ausstellung „Heimat im Exil“), Frankfurt/M. 2006, S. 57.

[17] Viele Geflüchtete fühlten sich nach der Ankunft im Zufluchtsland hilflos, ängstlich, einsam, entwurzelt, gedemütigt, schuldig oder depressiv. Vgl. Bernhard Handlbauer: Wiener Psychoanalytikerinnen im US-amerikanischen Exil: Auswirkungen der Emigration auf berufliche Identität, Karriere und Lebenswerk, in: Siglinde Bolbecher (Hg.): Frauen im Exil. Zwischenwelt 9, Klagenfurt 2007, S. 211-212; Claus-Dieter Krohn, Patrik von zur Mühlen, Gerhard Paul, Lutz Winckler (Hg.): Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-1945, Wissenschaftliche Buchgesellschaft WBG, Darmstadt 2008, S. 2-4 und Wolfgang Benz: Die andere Seite des Holocaust. Frauen im Exil: Hartha Nathorff und Ruth Körner, in: Barbara Distel (Hg.): Frauen im Holocaust, Gerlingen 2001, S. 25.

[18] Frauen wurden in Deutschland erst ab Beginn des 20. Jahrhunderts an Universitäten als ordentliche Studierende zugelassen (das erste Bundesland war Baden im Jahr 1900, das letzte Mecklenburg 1909). Studentinnen und wissenschaftlich tätige Frauen stießen an den Universitäten auf zahlreichen Protest und Widerstand von Männern sowie verschiedene strukturelle Verbote. Zu den Anfängen des Frauenstudiums siehe Eva Schöck-Quinteros und Elisabeth Dickmann (Hg.): Barrieren und Karrieren. Die Anfänge des Frauenstudiums in Deutschland, Berlin 2000; Hiltrud Häntzschel, Hadumod Bußmann (Hg.): Bedrohlich gescheit. Ein Jahrhundert Frauen und Wissenschaft in Bayern, München 1997. Zur heutigen Situation von Frauen im Wissenschaftsbetrieb siehe Beate Kortendiek, Lisa Mense, Sandra Beaufaÿs, Jenny Bünnig, Ulla Hendrix, Jeremia Herrmann, Heike Mauer, Jennifer Niegel: Gender Pay Gap und Geschlechter(un)gleichheit an Hochschulen, Jahrbuch geschlechterbezogene Hochschulforschung (JGH), 2001.

[19] Vgl. Stefanie Mahrer: Woman, Scientist, and Jew. The Forced Migration of Berta Ottenstein, in: Kerry Wallach und Aya Elyada (Hg.): German-Jewish Studies. Next Generations, New York u. Oxford 2022, S. 171-188.

[20] Vgl. Tony Kushner: Fremde Arbeit. Jüdische Flüchtlinge als Hausangestellte in Großbritannien, in: Stiftung Jüdisches Museum Berlin und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Heimat und Exil. Die Emigration der deutschen Juden nach 1933 (Begleitbuch zur Ausstellung „Heimat im Exil“), Frankfurt/M. 2006, S. 72 und 75.

[21] Zum Austrian Centre gehörten u.a. ein Restaurant, ein Hostel, eine Bibliothek und verschiedene Werkstätten. Vgl. Charmian Brinson: Ein „sehr ambitioniertes Projekt“. Die Anfänge des Austrian Centre, in: Marietta Bearman, Charmian Brinson, Richard Dove, Anthony Grenville, Jennifer Taylor (Hg.): Wien – London, hin und retour. Das Austrian Centre in London 1939 bis 1947, Wien 2004, S. 15-28.

[22] Das Free Austrian Movement koordinierte u.a. Hilfe für aus Österreich kommende Exilant*innen, organisierte die für die britische Armee kämpfenden Österreicher und wirkte an BBC-Radiosendungen mit, die bis nach Österreich gesendet wurden.

[23] Vgl. Claudia Geringer: Hanna Kuh. Eine Wienerin in London (2024). Bislang unveröffentlichter Artikel im Rahmen des Projekts „Remapping Refugee Stories 1933-1955“. Die Wiener Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Claudia Geringer arbeitet derzeit an einer umfassenden Biografie zu Hanna Kuh.

By |2024-04-23T17:43:41+01:0015. April 2024|QuellenArbeit|1 Comment

Dr. Marion Wittfeld ist Wissenschaftsjournalistin, Germanistin und wissenschaftliche Koordinatorin im Projekt Remapping Refugee Stories 1933–1955 am Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Wien. Forschungsinteressen: Propaganda im Nationalsozialismus sowie Themen der Frauen- und Geschlechtergeschichte

One Comment

  1. Ilse Girndt 17. April 2024 at 15:34 - Reply

    Nachdem ich die Informationen zu den Problemen der exilierten jüdischen Frauen gelesen hatte, wobei mir bewusst wurde, wie wenig dieser Aspekt bisher berücksichtigt wurde, dachte ich an die berufliche Situation von geflüchteten ukrainischen Frauen. Wäre sie weniger problematisch, wenn sie Männer wären?

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